Die im Frühjahr 2024 veröffentlichte Studie beleuchtet ein zentrales Element zur Lösung eines aktuellen Problems. Denn immer mehr Menschen in der Schweiz sind auf Unterstützung durch Familie, Freunde oder Nachbarn angewiesen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Menschen, die diese Hilfe leisten können. Diese Entwicklung stellt das Betreuungssystem vor grosse Herausforderungen.
Umso wichtiger werden professionelle Betreuungsangebote im gewohnten Umfeld. Die nachhaltige Wirkung dieser Dienstleistungen zeigt die die Studie «Wie Entlastung wirkt» des Entlastungsdiensteses Schweiz und der Paul Schiller Stiftung. Die Erkenntnisse: Entlastung und Betreuung im eigenen Zuhause verbessern die Lebensqualität der Betroffen erheblich, entlasten Angehörige und tragen gleichzeitig dazu bei, Gesundheitskosten zu senken. Zudem werden teure Heimeintritte hinausgezögert oder gar vermieden.
Dank Betreuung zuhause können ältere Menschen länger in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. Der Eintritt in eine stationäre Einrichtung wird oft verzögert oder sogar verhindert – ein wichtiger Faktor angesichts der steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen. Diese Erkenntnisse entsprechen den neuesten Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS): Viele ältere Menschen sind gar nicht auf Pflege angewiesen, sondern primär auf Betreuung. Ohne entsprechende Angebote müssten sie dennoch oft ins Heim, weil die notwendige Unterstützung im Alltag fehlt. Betreuung zuhause kann diesen Übergang hinauszögern oder gar vermeiden und leistet damit einen entscheidenden Beitrag zur Entlastung des Gesundheitssystems.
Die Betreuung durch den Entlastungsdienst steigert die Lebensqualität der betreuten Personen nachweislich. Besonders positiv wirkt sie sich auf die mentale Gesundheit, das Sicherheitsgefühl und die Alltagsstruktur aus. Viele betreute Personen berichten von einem grösseren Gefühl der Selbstständigkeit und einem erfüllteren Leben. Diese Erkenntnisse decken sich mit den Empfehlungen des «Wegweisers für gute Betreuung im Alter» (2020) der Paul Schiller Stiftung, der die wichtigsten Handlungsfelder für eine qualitativ hochwertige Betreuung definiert.
Nicht nur die betreuten Personen profitieren – auch ihre Angehörigen erfahren eine deutliche Entlastung. Fast die Hälfte der betreuenden Angehörigen, die vom Entlastungsdienst unterstützt werden, ist erwerbstätig. Die Betreuung zuhause ermöglicht es ihnen, ihre beruflichen Verpflichtungen besser mit den Betreuungsaufgaben zu vereinbaren. Das hat weitreichende Auswirkungen: Wer trotz Betreuungspflichten weiterhin berufstätig sein kann, ist finanziell unabhängiger und verbessert langfristig die eigene Altersvorsorge.
Die Betreuung zuhause trägt zudem wesentlich zur psychischen Gesundheit der betreuenden Angehörigen bei. Schon weniger als acht Stunden Entlastung pro Monat reichen aus, um Überlastung zu reduzieren und das Wohlbefinden zu steigern. Durch die Unterstützung gewinnen Angehörige wertvolle Zeit für sich selbst – Zeit, um sich zu erholen, eigene soziale Kontakte zu pflegen oder einfach neue Energie zu tanken. Damit stabilisiert Betreuung zuhause nicht nur die betreute Person, sondern auch das gesamte familiäre Umfeld.
Die Studie unterstreicht die hohe gesellschaftliche Relevanz von Betreuungsangeboten zuhause. Trotz ihrer erwiesenen Vorteile wird Betreuung – anders als die Pflege – nicht über das Krankenversicherungsgesetz (KVG) finanziert. Das bedeutet, dass viele Menschen auf dringend benötigte Unterstützung verzichten müssen, weil sie sich diese nicht leisten können. Um den steigenden Bedarf zu decken, Angehörige zu entlasten und langfristig Gesundheitskosten zu senken, muss Betreuung zuhause besser finanziert werden!
Autorin: Kim Böhlen, Leiterin Kommunikation, Entlastungsdienst Schweiz